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Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 12.06.2009
Aktenzeichen: 1 KO 30/09
Rechtsgebiete: FGO, GKG
Vorschriften:
FGO § 149 Abs. 2 | |
GKG § 39 Abs. 1 | |
GKG § 52 Abs. 1 | |
GKG § 52 Abs. 3 |
In dem Rechtsstreit
...
hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts
am 12. Juni 2009
beschlossen:
Tenor:
Auf die Erinnerung des Beklagten vom 11. Februar 2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Januar 2009 geändert. Die nach dem rechtskräftigen Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 25. Juni 2008 an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 2.545,93 Euro festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I. Mit der in dem Verfahren 1 K 338/06 erhobenen Klage betreffend die Körperschaftsteuer der Jahre 1999 - 2002 begehrte die Klägerin die steuerliche Anerkennung einer aufgrund rechtlicher Risiken gebildeten Rückstellung bis in den Veranlagungszeitraum 2002, dem Zeitpunkt der rechtskräftigen zivilgerichtlichen Entscheidung. Der Beklagte vertrat die Auffassung, die streitige Rückstellung sei in 1999 zu Unrecht gebildet und deshalb bereits in diesem Jahr gewinnerhöhend aufzulösen. Die Klägerin obsiegte vollumfänglich. Die steuerlichen Auswirkungen stellen sich in den einzelnen Streitjahren wie folgt dar:
1999 | ./. 73.061 Euro |
2000 | + 8.400 Euro |
2001 | + 175 Euro |
2002 | + 41.490 Euro |
Saldo | 22.996 Euro |
In dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss ermittelte die Urkundsbeamtin die zu erstattenden Kosten auf der Grundlage eines Gesamtstreitwerts von 123.126 Euro. Der Beklagte tritt dem entgegen. Er ist der Auffassung, der der Kostenerstattung zugrunde zu legende Streitwert sei im Wege der Saldierung der steuerlichen Auswirkungen im Streitzeitraum zu ermitteln, weil es der Sache nach in allen Streitjahren stets um denselben Streitpunkt gegangen sei und die Klägerin im wirtschaftlichen Ergebnis lediglich das Ziel einer Gewinnverlagerung erstrebt habe.
II.
Die Erinnerung ist begründet.
Mit der Erinnerung nach § 149 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) können auch Einwendungen gegen den zugrunde gelegten Streitwert geltend gemacht werden. Der für die Kostenfestsetzung maßgebliche Streitwert beträgt unter den vorliegenden Bedingungen 22.996 Euro. Die erstattungsfähigen Kosten sind deshalb auf 2.545,93 Euro herabzusetzen.
In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine von ihm bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Klagantrag, so ist deren Höhe maßgeblich, § 52 Abs. 3 GKG. Entscheidend ist der Steuerbetrag, um den unmittelbar gestritten wird. Mittelbare Auswirkungen und/oder Auswirkungen auf (unangefochtene) Folgejahre sind grundsätzlich unbeachtlich (z.B. BFH, Beschluss vom 28. Juli 1998 V E 1/98, BFH/NV 1999, 200).
Wird eine Steuerart in mehreren Veranlagungszeiträumen zur Überprüfung gestellt, so handelt es sich um einen Fall der objektiven Klagehäufung. Es ist dann grundsätzlich der Wert der in den jeweiligen Streitjahren verfolgten Klagebegehren zusammenzurechnen, § 39 Abs. 1 Satz 1 GKG. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass sich auf der Grundlage des begründeten Klagantrages lediglich in einem der vier Streitjahre, nämlich dem Veranlagungszeitraum 1999 eine Steuerermäßigung ergibt und in den übrigen drei Streitjahren eine Steuererhöhung zu verzeichnen ist. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob die Zusammenrechnung im Wege der Saldierung oder einer Addition ohne Rücksicht auf das Vorzeichen zu erfolgen hat.
Unter den hier vorliegenden Bedingungen hat eine Saldierung zu erfolgen.
Allerdings kann auch ein Antrag des Steuerpflichtigen auf eine Steuererhöhung in die Streitwertbemessung einfließen. Begehrt z.B. ein Steuerpflichtiger mit der Anfechtungsklage in einem Streitpunkt eine Erhöhung der Steuer und in einem anderen Streitpunkt eine Herabsetzung der Steuer, dann sind zur Ermittlung des Streitwertes der Betrag der Erhöhung und der Betrag der Herabsetzung zu addieren. Eine Saldierung findet nicht statt (BFH, Beschluss vom 19. Mai 1971 I B 9/71, BStBl II 1971, 691). Die Addition findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass das Klagebegehren auf zwei wirtschaftliche Ziele gerichtet ist, welche jeweils getrennt zu beurteilen sind. Um einen solchen Fall geht es hier jedoch nicht. Die Beteiligten stritten allein über die steuerliche Anerkennung einer Rückstellung und den hieraus resultierenden steuerlichen Folgen in den betreffenden vier Streitjahren. Die Klage war deshalb bei der erforderlichen objektiven Beurteilung auf ein einheitliches wirtschaftliches Ziel gerichtet, so dass eine Saldierung der jeweiligen steuerlichen Auswirkungen in den einzelnen Streitjahren gerechtfertigt erscheint (vgl. BFH, Urteil vom 11. Januar 1967 I 49/64, BStBl III 1967, 215).
Bei dieser Beurteilung hat das Gericht zugleich in Rechnung gestellt, dass die steuerliche Anerkennung einer Rückstellung aus betriebswirtschaftlicher Sicht regelmäßig nur einen Steuerstundungseffekt bis zum Zeitpunkt ihrer Auflösung bewirkt, so dass das wirtschaftliche Interesse der Klagepartei im Kern auf das Generieren eines Zinsvorteils gerichtet ist. Beschränkt sich aber der Streit auf den zutreffenden Besteuerungszeitraum einer ansonsten dem Grunde und der Höhe nach anerkannten Steuer, dann kann im Einzelfall eine Herabsetzung des Streitwertes nach Maßgabe des angestrebten Zinsvorteils gerechtfertigt sein (vgl. BFH, Beschluss vom 25. Februar 1991 V E 5/90, BFH/NV 1992, 127 zur Umsatzsteuervorauszahlung; Gräber/Ruban, FGO, 6. Aufl., Vor § 135 Rn. 26 am Ende). Von einer solchen Beschränkung hat das Gericht abgesehen, weil die Klägerin zugleich einen Steuersatzvorteil erzielen konnte, so dass ihr wirtschaftliches Begehren durch eine Saldierung der Steuerdifferenzbeträge aller vier Streitjahre zutreffender abgebildet wird. Dass die Klägerin mit ihrer Klage ein solches wirtschaftliches Interesse auch tatsächlich verfolgte, kommt denn auch indiziell in dem von ihr im Schriftsatz vom 18. November 2008 (Bl. 128 der Akte 1 K 338/06) ursprünglich selbst zu Grunde gelegten Streitwert von 22.995 Euro zum Ausdruck.
Der erstattungsfähige Betrag von 2.545,93 Euro errechnet sich auf der Grundlage eines Streitwertes von 22.996 Euro wie folgt:
1. | Vorverfahren | |||
1.1 | Geschäftsgebühr | § 41 Abs. 3 StBGebV - 5,5/10 | 377,30 EUR | |
1.2 | Postpauschale | § 16 StBGebV | 20,00 EUR | |
1.3 | Umsatzsteuer | § 15 StBGebV - 16% | 63,57 EUR | |
2. | Klageverfahren | |||
2.1 | Verfahrensgebühr | Nr. 3200 VV RVG | 1.097,60 EUR | |
2.2 | abzüglich hälftiger Geschäftsgebühr | - 188,65 EUR | ||
2.3 | Terminsgebühr | Nr. 3202 VV RVG | 823,20 EUR | |
2.4 | Postpauschale | Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR | |
2.5 | Umsatzsteuer | Nr. 7008 VV RVG - 19% | 332,91 EUR | |
Erstattungsfähige Kosten | 2.545,93 EUR |
Diese Entscheidung konnte gemäß § 79 a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 FGO der Berichterstatter anstelle des Senats treffen.
Der Ausspruch über die Kosten beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
Der Beschluss ist gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO unanfechtbar.
Hinweise:
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Ende der Entscheidung
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